Surf-Dokumentarfilm White Waves

Ein Gespräch mit der Regisseurin Inka Reichert

Der Superheld des Surfens, Kelly Slater, hat einmal gesagt: „I think when a surfer becomes a surfer, it´s almost like an obligation to be an environmentalist at the same time“! Oder anders ausgedrückt: „Surfen und dabei Gutes tun“ – eigentlich eine Aussage, die für jeden Surfer selbstverständlich sein sollte. Eigentlich!

Streng betrachtet sind die Auswirkungen des Wellenreitens nämlich das genaue Gegenteil von umweltschonend: Umweltverschmutzung durch Material wie Surfbretter und Neoprenanzüge, Umweltbelastung durch das Fliegen bei Surftrips und das Produzieren von Müll an den jeweiligen Stränden. Und doch, wie in anderen Lebensbereichen auch, kann der Einzelne sehr wohl dazu beitragen, dass die Surfwelt eine bessere wird. Das hat sich auch Inka Reichert vor knapp drei Jahren gedacht, als sie ihr Projekt „White Waves“ startete.

Inka lebt seit vier Jahren in Valencia, weil ein Teil ihrer Familie dort ist, aber auch, um den Wellen näher zu sein. Im Rahmen einer Recherche über die Wasserqualität an den europäischen Stränden fällt ihr auf, dass sich die Testergebnisse offizieller Behörden von denen, die von einer Umweltorganisation aus Surfern evaluiert wurden, unterscheiden. Zum Beispiel stellte die Organisation Surfers Against Sewage in England fest, dass Surfer an manchen Stränden auffällig oft nach einer Surfsession krank werden, obwohl die Wasserqualität dort als “exzellent“ bezeichnet wird. Diese Fakten lassen Inka nicht mehr los – kein Wunder, die gebürtige Würzburgerin ist Wissenschaftsjournalistin und Surferin, eine spannende Kombination, die zu einem tollen Surf-Dokumentarfilm geführt hat.

Schau dir zur Einstimmungen schon mal ein paar Impressionen vorab an:

Drei Jahre Arbeit stecken in dem crowdfinanzierten Film „White Waves“ – zusammen mit ein paar engagierten Filmern und viel Herzblut hat Inka das Projekt auf die Beine gestellt und ihren beeindruckenden Beitrag für eine bessere Surfwelt abgeliefert.

„White Waves“ kannst du dir auf verschiedenen Surffilmfestivals anschauen:

Während der Vorbereitungen für die Premiere konnte ich mit Inka über ihr Projekt und das Leben als umweltbewusster Surfer sprechen.

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Hi Inka, kommst du in den Endzügen des Projekts überhaupt noch genug ins Wasser?

Inka
Klar, zum Surfen ist immer Zeit. Außerdem tanke ich beim Surfen wieder Energie, das Meer und die Wellen geben mir Inspiration für meine Arbeit. Hier kann ich meinen Gedanken am besten freien Lauf lassen und sie wieder neu ordnen. Für mich ist das Surfen also ein wichtiger Teil des Film-Projekts.

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Wann ist dir zum ersten Mal klar geworden, dass du als Surferin in Sachen Umweltverschmutzung ganz besonders in der Verantwortung stehst?

Inka
Als Surfer habe ich natürlich eine emotionale Verbindung zum Meer, dementsprechend wurde mir irgendwann klar, dass ich gegen die negative Entwicklung gerne etwas unternehmen möchte. Ich habe hier viele Freunde und kenne Locals, die fast täglich im Wasser sind und diese Entwicklung seit Jahrzehnten beobachten. Surfer entdecken Verschmutzungen, von denen andere Leute lange keine Ahnung haben. Irgendwann ist mir klar geworden, dass ich aus diesem Wissen etwas machen muss und hatte die Idee zu „White Waves“.

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Zwischen einer Idee und der Realisation eines solchen Projekts steht mitunter ein steininger und langer Weg – wie war das bei White Waves?

Inka
Das war hier nicht anders, die Idee hatte ich schon vor sechs Jahren, bis ich es dann aber wirklich angegangen bin, hat es nochmal eine ganze Weile gedauert. Mir war wichtig, dass wir unabhängig und frei von den Zwängen einiger Sponsoren recherchieren können. Außerdem wollte ich die Zeit haben, die Geschichten ganz auszuerzählen und wenn nötig, mehrmals zu den Protagonisten zurück zu kehren, um ihre Story bis zum Ende zu schildern. Diese Unabhängigkeit hat viel Kraft und Zeit gekostet. Ich habe endlos viele E-Mails geschrieben und Telefonate geführt, bis wir zum ersten Drehtag aufbrechen konnten.

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War crowdfunding die Lösung perfekte Lösung für dieses Projekt?

Inka
Ja, und zwar auf vielen Ebenen. Zum einen eben finanziell, zum anderen aber auch der Zuspruch. Es war einfach toll zu sehen, dass Menschen auf der ganzen Welt dieses Projekt unterstützen. Das hat uns die Motivation gegeben und uns gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind – dafür bin ich sehr, sehr dankbar.

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Wie hast du eigentlich dein Team zusammen bekommen – du konntest ja wahrscheinlich keine dicke Gage versprechen?

Inka
„Keine Gage“ beschreibt es besser! Und ich hatte strenge Einstellungskriterien (lacht): Meine Kollegen sollten Surfer sein, das Meer lieben und natürlich auch etwas von ihrem Fach verstehen. Am Ende war es aber gar nicht so schwer, wie ich dachte! Bei so einem speziellen Thema ist es leicht, Gleichgesinnte zu finden. Hinzu kam auch noch, dass in Spanien die Jobs derzeit nicht an den Bäumen wachsen und die Menschen dadurch mehr Zeit haben das zu tun, was sie wirklich gerne machen. Jeder von uns hat bisher sein eigenes Geld in dieses Projekt gesteckt, aber das ist ok, vielleicht ändert sich das ja noch. Ehrlich gesagt, war das aber auch nicht so wichtig – das Ziel war es von Anfang an, ein ernstes Thema zu bearbeiten und dabei trotzdem Spaß zu haben. Meine Gage für die Jungs waren die Surftrips, die wir bei den Dreharbeiten gemacht haben – „Bezahlung in Surftrips“ ist doch super, oder?

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Mit einem solchen Thema rennt man bestimmt nicht immer offene Türen ein – wie war das bei euren Dreharbeiten?

Inka
Wir wurden nicht bedroht oder etwas in der Richtung, aber wir hatten natürlich mit einigen Ansprechpartnern schon große Schwierigkeiten. Zum Beispiel sind die Kläranlagen in England privat organisiert, die entsprechenden Personen hatten da wenig Interesse, mit uns zu reden. Und wenn, dann haben sie uns im Vorfeld deutlich gemacht, wie wir das Thema oder auch ihr Unternehmen darzustellen hätten. Der überwiegende Teil unserer Protagonisten war uns gegenüber aber sehr offen, was natürlich in der Natur der Sache liegt.

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Du hast zum Beispiel mit einem umweltbewussten Big Wave Surfer aus England gedreht – was sind das für Menschen, die sich so für eine Sache einsetzen?

Inka
Das sind ganz spezielle Charaktere! Das müssen sie aber auch, denn dieser Kampf kostet sehr viel Kraft und Hingabe. Viele der Menschen, die ich getroffen haben, würden sprichwörtlich ihr Leben geben, um das zu schützen, was sie lieben. Sie sind Kämpfer, das hat mich nachhaltig beeindruckt.

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Welche Auswirkungen erhoffst du dir von deinem Film?

Inka
Ich würde mir wünschen, dass der Film auch die Surfer erreicht, die nicht so umweltbewusst sind. Ich hoffe, diese Menschen können fühlen, was die Protagonisten fühlen, um so ein wenig von deren Einstellung mit in ihr Leben transportieren zu können. „White Waves“ soll aber auch den Spagat zwischen Aufklärung  und Surffilm schaffen – ich wollte die Schönheit des Meeres und der Wellen transportieren, um auch Menschen außerhalb dieses Mikrokosmos zu erreichen. Ich würde mich freuen, wenn andere Journalisten die Themen aufgreifen und ihre Schlüsse ziehen. Meine Message soll sein: Jeder, wirklich jeder kann seinen Teil beitragen!

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Hat dich das Projekt in Bezug auf dein Umweltbewusstsein verändert?

Inka
Definitiv! Ich gehe nicht mehr im Supermarkt einkaufen, sondern nehme mir die Zeit und gehe auf den Markt, um dort die lokalen Produkte zu kaufen – und packe sie dann nicht in Plastiktüten, sondern in meinen Korb. Ich bin nicht der Über-Umweltaktivist, der nur fairtrade und vegan lebt, aber „White Waves“ hat mich schon sensibilisiert. Wenn ich eine Plastikflasche am Strand einsammle und in die Tonne werfe, dann verändere ich sicher nicht die Welt, aber ich trage den Teil dazu bei, der zu diesem Zeitpunkt eben möglich ist.

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Inka, vielen Dank für deinen Enthusiasmus und deinen Mut, dieses Projekt zu verwirklichen. Viel Glück mit dem Film! 

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